Zwei Tage, erst Werder (Havel), dann Potsdam.
Ziel dieser kurzen Reise war in erster Linie die Foto-Ausstellung "China hautnah" eines befreundeten Kollegen aus Pekinger Zeiten. Eine gute Gelegenheit außerdem mit ihm und seiner Frau bei Berliner Weiße, Berliner Kindl und Sambuca über alte Zeiten zu klönen. Bereits auf dem Weg zur Ausstellung hat sich mir die Havellandschaft von ihrer allerbesten Seite präsentiert. Das hat Lust auf mehr gemacht.
Die Ausstellung zeigt 45 Fotografien aus China und weitere 350 Fotos in einer Bilderschau. Zahlreiche Erinnerungen und Anekdoten inklusive.
7 Stunden später lag ich müde und zufrieden auf meinem Hotelbett in Potsdam und suchte mir schon mal einen Fahrradverleih für den morgigen Tag heraus.
Mehr als 8 Stunden war ich tags drauf schließlich mit dem Fahrrad in Potsdam und Umgebung unterwegs, geschichtsträchtige Orte, wunderschöne Landschaftsparks, die Havel oder einer der zahlreichen Seen nie weit. Anfangs noch ein bisschen bewölkt gab es später strahlend blauen Himmel, kaum Wind und Temperaturen so um die 20°C - 22°C. Besser geht nicht.
Gestartet am Potsdamer Hauptbahnhof ging's zunächst über den Alten Markt durch das Kunst- und Kulturquartier Schiffbauergasse.
Von dort zur Gotischen Bibliothek am Südufer des Heiligen Sees mit Blick zwar nicht auf Günther Jauch's Anwesen, aber immerhin auf das Marmorpalais im Neuen Garten. Bis hierhin 7,5 km im Sattel.
Es ging weiter ins Holländische Viertel aus der Mitte des 18. Jahrhunderts mit 150 Backsteinhäusern im holländischen Stil. Hat Lust auf ein achtes Mal Amsterdam gemacht.
Nächste Etappe der nördlich vom Schloss Sanssouci gelegene Ruinenberg, angelegt von Friedrich dem Großen zur Bewässerung der Fontänen im Park Sanssouci.
Naja, und ein kurzer Abstecher zum Chinesischen Teehaus im Park Sanssouci durfte dann natürlich auch nicht fehlen.
Anschließend radelte ich zur russischen Kolonie Alexandrowka, angelegt in den Jahren 1826 und 1827 für die letzten 12 russischen Sänger eines aus 62 Soldaten bestehenden Chores, und von dort weiter zur russisch-orthodoxen Alexander-Newski-Gedächtniskirche. Bis jetzt knapp 18 km im Sattel.
Abermals führte mich meine Radtour in den Neuen Garten vorbei am pyramidenförmigen "Kühlschrank" des Marmorpalais, am Schloss Cecilienhof, am Grünen Haus und für ein kurzes Päuschen an der Eremitage um anschließend Brandenburg über die Glienicker Brücke nicht für einen Agentenaustausch, sondern für eine Lokal-Empfehlung Richtung Berlin zu verlassen. Viertel vor Eins und nach etwa 22 km im Sattel überkam mich so langsam Bierdurst und Mittagshunger.
Hinter der Glienicker Brücke gleich links, vorbei am westlichsten Punkt Berlins, gute 3 Kilometer Richtung Pfaueninsel immer am Wasser entlang.
1819 hat König Friedrich Wilhelm III. das Blockhaus Nikolskoe nach dem Vorbild eines russischen Bauernhauses errichten lassen. Als Baudenkmal ist es bis heute nahezu unverändert geblieben, ist vor allem aber ein Ausflugslokal mit großartiger Aussicht auf die Havel.
Neben dem Ausblick und dem leckeren Spargelsalat war das Geschehen am Nachbartisch ein weiteres Highlight. Offensichtlich machte ein Seniorenheim einen Ausflug mit einer Handvoll mehr oder weniger rüstiger Bewohner, darunter eine Berliner Mecker-Oma mit auftoupierten Haaren und Bernstein-Kette, die sich herrlich über den Kellner aufregen konnte: "Herr Ober, Herr Ober.", "Nu steht der da inna Ecke und kiekt sich de Leute an.", "Mahn, ick könnt den erschießen.", "Ick glob det nich, jetze kommt der mit'ne Suppe an statt mit de Rechnung.".
Nach dieser unterhaltsamen Mundarttheatervorstellung stieg ich wieder auf's Rad Richtung Park Babelsberg.
Von dort ging's erst für Käffchen und Kuchen zu einem Bäcker und dann für eine kurze Pause ins Hotel. Inzwischen saß ich knapp 34 km im Sattel. Doch der Kuchen wollte auch abtrainiert werden, also nochmal los Richtung Potsdam Süd mehr oder weniger immer an der Havel entlang.
Nu wurd's auch langsam Zeit das Fahrrad wieder abzugeben. Am Ende waren's um die 45 km im Sattel.
Am nächsten Tag ging's dann nach dem Frühstück auch schon wieder nach Hause. Es wartete leider Arbeit auf dem Schreibtisch. Trotzdem herrlich so'n Kurzurlaub. Und die Potsdamer Havellandschaft ist dafür wie geschaffen.