Zum Zeitpunkt ihrer Buchung waren es ganze 239 Tage bis zu meiner nächsten Fernreise. Nun ist sie zwar schon deutlich näher gerückt, trotzdem braucht's noch etwas Geduld. Genug Zeit um vorab mal ein bisschen über den Sinn des Lebens zu philosophieren.
Im Jugendweihe-Buch "Vom Sinn unseres Lebens", dem laut Wikipedia meistgedruckten Buch in der DDR und dem laut mir (vermutlich) ungelesensten Buch in der DDR aus den 1980-er Jahren, das ich wie Hunderttausende andere Jugendliche überreicht bekam, heißt es: "Ein sinnvolles Dasein ist ohne erfolgreiche Arbeit undenkbar, gleichzeitig können wir uns ein erfülltes Leben wohl auch nicht ohne angenehm verbrachte Freizeit vorstellen. Wir sind keineswegs Anhänger eines kargen oder bitterernsten Lebensstils. Unser Optimismus fordert zu Freude und Frohsinn geradezu heraus. Beides hat natürlich bei unserer Arbeit und bei unseren politischen Aktionen seinen berechtigten Platz. In der Freizeit [...] finden Freude und Frohsinn ihren besonderen Ausdruck." Dunkel erinnere ich mich in diesem Zusammenhang an das 'Lager für Erholung und Arbeit' in den Sommerferien der 8. Klasse. Äpfel pflücken in Eschenhörn - tschakka, alle drei Umlaute in einem Satz. Gleichermaßen fanden alle naselang an Pioniernachmittagen und im FDJ-Studienjahr, Sommer 1986 und 1988 im Wehrlager, ...
... bei gelegentlichen Subbotniks samstags sowie regelmäßigen Fahnenappellen montags, und - nicht zu vergessen - beim Sammeln von Flaschen, Gläsern, Altpapier und deren Abgabe in der von Frau Febrow mit eiserner Hand geführten SeRo-Annahmestelle Freude und Frohsinn ihren besonderen Ausdruck.
Und heute? Seit ich 1990 nach Zuarbeit von David Hasselhoff den Streckmetallzaun der innerdeutschen Grenze an der Elbe bei Dömitz abmontierte, muss ich weder Steine von Äckern sammeln noch Bremskolben von Panzerspähwagen fetten, und ich brauch keine Rentner mehr wegen Altglas rausklingeln. Einer erfolgreichen Arbeit, die zu Freude und Frohsinn herausfordert...haha, gehe ich natürlich dennoch nach. Angenehm verbrachte Freizeit ist für mich aber seit dem Studium fast untrennbar mit dem Reisen verbunden.
Einen wesentlichen Anteil am seit damals regelmäßig ausbrechenden Reisefieber hatte nicht zuletzt mein bester Studienfreund, den ich vor meinem geistigen Auge immer noch in Handschellen vor dem 'Circus Circus' in Las Vegas sehe. Zum kaputtlachen fanden's nur wir anderen Vier. You live on in my heart, rest in peace, my friend.
Insbesondere wegen meiner eigenen Grenzerfahrung vor nun mehr 3 Jahren will ich auch nichts mehr aufschieben. Noch möglichst lange möchte ich fremde Länder entdecken, andere Kulturen kennenlernen, futuristische und historische Architektur bestaunen und, ja, auch schöne Hotels genießen dürfen, so wie es das Jugendweihe-Buch ganz bestimmt mit: "Als Touristen in befreundeten Ländern weiten wir unseren Blick." meinte. Die Betrachtungsweise, was ein befreundetes Land ist, hat sich seither radikal verändert, und allem Anschein nach schwingen in immer mehr Staaten Irre das Zepter; nicht nur beiderseits der Beringstraße. Richtig ist und richtig bleibt jedoch, das Reisen weitet den Blick.
Das Leben und Arbeiten in einem fremden Land sowieso. Knapp 5 Jahre nach meiner Rückkehr aus China habe ich erste wichtige Schritte unternommen auf dem Weg zu einem erneuten beruflichen Auslandsaufenthalt - sicher nicht vor 2026. Und nach heutigem Stand (Update: Mai 2025) hat es in der Tat schon zwei Anfragen gegeben, eine aus Südamerika, die andere aus dem Nahen Osten. Doch mindestens eine entscheidende Hürde gilt es bis dahin noch zu überwinden; möglicherweise verlässt mich ganz am Ende auch der Mut. Alles kann, nix muss. In den letzten drei Jahren habe ich jedoch genau darauf hingearbeitet, mich körperlich und mental wieder so fit zu fühlen, eine solche Herausforderung überhaupt nochmal anzugehen. Der Moment ist gekommen. Wer weiß, vielleicht heißt es in naher Zukunft wieder "Leben und Arbeiten in Peking" - wär natürlich das einfachste, dann bräuchte ich diesen Blog nicht umzubenennen, bin dessen ungeachtet aber ergebnisoffen. Bis es soweit ist, tingel ich zur Inspiration einfach noch ein bisschen in der Weltgeschichte rum.
Nach allem, was ich in den letzten Wochen und Monaten auf Bildern oder in Videos gesehen und im Internet gelesen habe, bietet meine nächste Destination - bis auf einen Irren an der Spitze - so ziemlich alles. Für ein schönes Hotel habe ich gesorgt. Abgesehen davon hat sie eine wechselvolle Geschichte und ist nicht zuletzt aus diesem Grund ein Schmelztiegel der Religionen und Kulturen mit einem entsprechend abwechslungsreichen Straßenbild und einer gleichermaßen abwechslungsreichen Kulinarik. Neben atemberaubender Architektur existiert eine vielfältige Flora und Fauna. Ein Großstadtdschungel im wahrsten Sinne des Wortes. Schon während meiner Zeit in Peking wollte ich unbedingt dorthin, doch dann kam Corona...
Bald komme ich.
Als Großstadtdschungel-Trainingslager waren gerade nochmal zwei Tage Berlin angesagt. Die Stadt hat ja wohl sowas von eine wechselvolle Geschichte und ist auch deshalb ein Schmelztiegel der Currywürste mit oder ohne Darm und "dit is mir schnurzpiepejal". Wegen ihrer abwechslungsreichen asiatischen Kulinarik von koreanisch und vietnamesisch über japanisch bis hin zu chinesisch und thailändisch durfte die Kantstraße in Charlottenburg als Programmbaustein in meinem Trainingslager natürlich nicht fehlen.