Sonntag, 22. September 2019

64| 70th anniversary

Sonntagmorgens halb zehn im Wagas. Viel besser als hier würde ich mein Frühstück zuhause auch nicht hinbekommen. 


Morgen um diese Zeit werde ich schon seit mehr als vier Stunden und mit weniger opulentem Frühstück im Bauch auf den Beinen sein - auf dem Weg nach Nanjing mit zwei Kollegen und 25 weiteren Menschen im Schlepptau. Ich werde hier sicherlich davon berichten; nur wann, das ist die große Frage. Denn...

Die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag meines Gastlandes rücken unaufhaltsam näher. 
Die Geschichte Chinas reicht allerdings bis weit in die Antike zurück. So zählt China zu den ältesten Zivilisationen und Hochkulturen der Menschheit. Die über 2000-jährige wechselvolle chinesische Kaiserzeit endete 1911 mit dem letzten Kaiser Puyi, ein Jahr später rief Sun Yat-sen die Republik China aus. Diese besteht tatsächlich bis heute auf Taiwan fort. Auf dem Festland hingegen rief 1949 Mao Zedong die Volksrepublik aus. Nach seinem Tod begann ab 1978 die Reform- und Öffnungspolitik Chinas unter Deng Xiaoping. In China, mittlerweile zweitgrößte Weltwirtschaft, versucht seitdem jede Führungsriege den Balanceakt zwischen kommunistischer Staatsform einerseits und Marktwirtschaft andererseits hinzukriegen. Vor allem auf dem Land leben nachwievor viele Menschen (Wikipedia spricht von 900 Millionen) in Armut, Repressionen gegen religiöse Aktivitäten, keine Toleranz bei Kritik am politischen System, Menschenrechtsverletzungen, ... 

Jeder kann natürlich für sich selbst entscheiden, ob dies ein Grund zum feiern ist. Fakt ist, man kann sich - zumindest hier in der Hauptstadt - dem Ganzen kaum entziehen. Massive Straßensperrungen, Schließungen von etlichen U-Bahn-Haltestellen, Sicherheitskräfte an jeder Ecke. Das Magazin "thebeijinger" empfiehlt seinen Lesern: "Vergessen Sie vor allem am Wochenende, dass es den Platz des Himmlischen Friedens und die Verbotene Stadt überhaupt gibt. ... Ziehen Sie in Betracht, Peking vollständig zu verlassen und erst nach der Goldenen Woche zurückzukehren."
Fotos und Videos von Kollegen zeigen Vorbereitungen zur größten Millitärparade, die Peking je gesehen hat. 


Und während ich diese Zeilen schreibe, donnern Kampfjets durch den smog-verhangenen Himmel. Gesehen habe ich sie zwar nicht, aber wozu hat man aufmerksame Kollegen, die einen Tag später diese Aufnahme machten:


Die Süddeutsche klärt unter der Überschrift "Zum Fest gibt's langsame Ladebalken" über eine weitere Begleiterscheinung solcher Feierlichkeiten auf, die mir ja nun auch nicht mehr fremd sind: "Bisher können Internetnutzer die Zensur noch mit sogenannten VPN umgehen, die den Internetverkehr über Umwege ins freie Netz leiten. ... Die Volksrepublik feiert ihren 70. Jahrestag, und es hat fast schon Tradition, dass die Zensoren vor Feiertagen die Anbieter solcher Dienste lahmlegen. ... Vielleicht bringt die Staatsführung das Netz zum Erliegen, weil Menschen mit zu viel Freiheit dazu tendieren, das Denken anzufangen. ... Womöglich möchten die Zensoren aber auch nur daran erinnern, dass sie die verbliebene Freiheit jederzeit ausknipsen können."
Positiv zu vermelden ist indes, dass es Peking zum Ende diesen Jahres wohl schaffen wird, die Top 200 der Städte weltweit mit der schlechtesten Luftqualität zu verlassen. 2016 war die Stadt noch auf Rang 52.
Genug der harten Fakten. 
Wir werden sehen, ob und wann ich hier in meinem kleinen Handwerker-Blog die nächsten Haushaltstipps veröffentlichen kann.

Noch bin ich im Netz, deshalb schnell noch zu zwei Beobachtungen, die ich vor ein paar Tagen gemacht habe. Neben Leih-Fahrrädern kann man vereinzelt nun auch Standräder mieten. Für ebenfalls sehr geringe Gebühren lässt man das Rad einfach an Ort und Stelle stehen. 😜


Deutschland hat Weltmeister-Brötchen, China Weltmeister-Autos.


Die 2015 gegründete chinesische Automarke namens "Weltmeister" kommt mit vollelektrischen SUV's daher. "Weil da nur ein R drin steckt, das noch dazu am Schluss steht, geht das deutsche Wort unseren chinesischen Kunden leicht über die Lippen.", so der Firmengründer.
Clever. Bei Weltmeister-Brötchen sähe es schon wieder ganz anders aus.
Weltmeistel-Blötchen. 😜


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